Ein Projekt der Klasse 10a des Gymnasium Wendalinum, St. Wendel
Der ungehobene Schatz in unserer Nachbarschaft
Missionare als Zeitzeugen in aller Welt.
Das Thema „Nachbarn“ hat unseren im Zeitalter der Massenmedien stets vagabundierenden Blick in unsere direkte Umgebung in Sankt Wendel, einer 26.000 Einwohner zählenden Stadt des deutschen Südwestens, zurückgelenkt. Und hier, mitten im Saarland, befindet sich der Alterssitz der Steyler Missionare, eine Einrichtung, die Missionare aus aller Welt nach Jahrzehnten der kirchlichen Arbeit im Ausland wieder in Deutschland aufnimmt. Wir wollten Näheres über diese ungewöhnlichen Nachbarn erfahren und waren plötzlich - ganz in unserer Nähe - in der großen weiten Welt:
Nordamerika und Ozeanien, Südamerika und Asien, Europa und Afrika - die Steyler Missionare haben über viele Jahrzehnte auf allen Kontinenten, insbesondere an den Brennpunkten dieser Welt, das Evangelium verkündet; sie betreiben dort Schulen und leisten Fürsorge. Die Missionare, die in Sankt Wendel ihren Alterswohnsitz genommen haben, haben durch ihre Tätigkeit die Entwicklung vieler Staaten und Gesellschaften rund um den Globus über Jahrzehnte als Zeitzeugen persönlich miterlebt. Als Missionare und als Deutsche hatten sie stets die aufschlussreiche Perspektive des Außenstehenden auf die jeweiligen Staaten und Gesellschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im direkten Kontakt mit den Einheimischen haben sie Umbrüche, Kriege, Bürgerkriege und Epidemien miterlebt und dadurch Erfahrungen gesammelt, die sie zu einzigartigen Zeugen der Zeitgeschichte machen.
Diesen Schatz an Wissen, der hier in unserer Nachbarschaft bisher unbemerkt geschlummert hat, wollen wir im Rahmen von Zeitzeugeninterviews heben, um ihn einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies erscheint uns umso dringender, als dass die Missionare häufig schon hochbetagt sind; so ist beispielsweise einer der Zeitzeugen kaum einen Monat nach dem Gespräch mit unseren Schülern verstorben.
Wie sind die Schülerinnen und Schüler bei ihren Zeitzeugengesprächen vorgegangen?
Die Auswahl der Fragen geschah in gemeinsamer Abstimmung im Unterricht, dies ermöglicht eine gewisse Vergleichbarkeit der verschiedenen Antworten. Die Schüler interessierten sich für die Umstände, unter denen die jungen Männer Missionare wurden, für die Aufnahme im jeweiligen Gastland (als Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg zum Teil nicht unproblematisch) und für Gefahren- und außergewöhnliche Situationen, die die Missionare vor Ort erlebten. Im Vergleich zu den Erfahrungen der Missionare an den Brennpunkten des Globus und als Rückbindung an unseren Standort hier vor Ort wurde auch ein Missionar befragt, der sein Leben ganz überwiegend in Deutschland, vor allem in Sankt Wendel verbracht hat. Darüber hinaus ging es den Schülern darum, die Zeitzeugen durch entsprechend offene Fragen zur Mitteilung weiterer, unerwarteter Informationen anzuregen. So vorbereitet, gingen die Schüler jeweils zu zweit in ein eineinhalbstündiges Gespräch mit ihren Zeitzeugen, wobei ein Schüler schrieb, ein anderer das Interview führte. Nach 45 Minuten wurden die Rollen getauscht.
Um möglichst vielen Menschen das Ergebnis ihrer Arbeit zugänglich zu machen, präsentieren die Schüler das Produkt ihrer Arbeit in Form einer Internetseite, die es jedem Leser ermöglicht, die Erfahrungen der von uns interviewten Zeitzeugen jederzeit und von überall aus nachzulesen.
Neben dem Zeitzeugengespräch bieten die Schüler auch Informationen zu Land und Einsatzort der Zeitzeugen, die es ermöglichen sollen, den Inhalt der Gespräche einzuordnen und ohne Vorbereitung größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. In diesem Zusammenhang findet sich schließlich auch eine kurze Reflexion der Schüler zum Ablauf des Zeitzeugengesprächs mit Tipps und Hinweisen an andere Interessierte (Schüler), die ihrerseits Zeitzeugengespräche führen wollen.
Betreut wurde das Projekt der Klasse 10 A am Gymnasium Wendalinum (Sankt Wendel) von Dr. David Bitterling, Studienrat für Geschichte, Französisch und Spanisch und Oliver Anton, Studienrat für Geschichte und Deutsch.